Eröffnung der Insect Embassy in der Frankfurter Innenstadt.

Meldung

Insect Embassy – eine diplomatische Vertretung für Insekten in der Stadt

Übergroß aufgespannt an einem Stadtbaum finden Passant*innen im Sommer 2023 eine Struktur vor, die an die Bau- und Lebensweise von Insekten erinnert. Die Insect Embassy fordert uns Menschen dazu auf, nachzudenken, in welchen konstruktiven oder destruktiven Beziehungen jede*r Einzelne von uns mit Insekten steht. Sie ist ein Appell, die diplomatischen Beziehungen zwischen Menschen und Insekten wiederaufzunehmen.

Die Kunstinstallation überragt uns Betrachter*innen in ihrer Höhe und ist genau dort zu finden, wo üblicherweise für Insekten gar kein Platz vorgesehen ist – im hoch versiegelten Innenstadtgebiet. Am Frankfurter Domplatz durchbricht sie diesen vollständig durch die Menschen beanspruchten Raum. Mitten in der Stadt wird damit für Bewohner*innen und Besucher*innen ein Ort für Begegnung und Reflexion geschaffen, der zugleich neue Perspektiven auf die Welt der Insekten und die Notwendigkeit der Koexistenz eröffnet.

Damit ist die Installation ein Hinweis auf die unsichtbare Welt der Insekten und die Tatsache, dass die gegenwärtige urbane Lebensweise der Menschen dieser keinen Platz einräumt.  

In der Finanzmetropole Frankfurt wird so auf künstlerische Weise ein Signal gesetzt für den Wert der Insektenvielfalt und der Biodiversität ganz generell.

Warum braucht es eine „Botschaft“ für die Insekten? 

Immer seltener, das zeigen Studien, erleben Menschen in der Stadt eine vielfältige Insektenwelt. Damit schwindet in der Stadtbevölkerung auch die Bereitschaft, etwas zum Schutz der Insektenvielfalt beizutragen. Mehr noch: Die Lebensweise der Menschen in der Stadt führt dazu, dass Insekten vertrieben, ausgeschlossen und bekämpft werden. 

Dabei ist klar: Insekten leisten Unglaubliches in den Ökosystemen der Erde und unsere eigene komfortable Lebensweise ist von ihnen abhängig. Es stellt sich zunehmend die Frage:  Was geben wir den Insekten eigentlich zurück? 

Die Insect Embassy dient uns als Appell, die diplomatischen Beziehungen mit Insekten wiederaufzunehmen. Wird dies umgesetzt, folgt darauf auch die Auseinandersetzung mit der Frage nach einer gerechten Anerkennung des Werts und der Bedürfnisse von Insekten durch die Menschen. Die Insect Embassy soll aufzeigen, dass für die Ko-Existenz mit den Insekten ein Umdenken notwendig ist.

Gerade in der Finanzmetropole Frankfurt wird so ein Signal gesetzt für den Wert der Insektenvielfalt und der Biodiversität ganz generell.

Die Embassy als Kooperationsprojekt: Materialdesign trifft Wissenschaft

Die künstlerische Installation ist entstanden in einer Zusammenarbeit des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und des IMD – Institut für Materialdesign der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach. Im Rahmen eines Seminars am IMD wurde die Insect Embassy im Wintersemester 2022/23 und im Sommersemester 2023 entwickelt und realisiert. 

Wie Markus Holzbach, Professor für Materialdesign an der HfG und Leiter des IMD erläutert, wurde die Insect Embassy speziell für diesen Platz in der Platane am Dom entworfen:

„Dazu wurde die Platane digital erfasst. Die Insect Embassy wurde mit dem digitalen 3D-Modell des Baumes regelrecht verwoben. Die Leichtbaukonstruktion besteht aus tausenden von Sperrholzstäben und hunderten Metallverbindern. Sämtliche Bauteile unterscheiden sich und haben ihren bestimmten Platz in der Struktur. Gleichzeitig übernimmt jedes Bauteil seine Aufgabe im Gesamtgefüge der Insect Embassy.“

Die Installation erinnert in ihrer Anmutung an einen Bienenschwarm im Baum oder auch an die Nester von Webervögeln. Der Arbeitsaufwand in der Konzeption, den Modellen bis hin zur fertigen Insect Embassy lässt sich anhand der komplexen Struktur mit ihren zahllosen Einzelteilen gut erahnen. Ein Effekt, der durchaus erwünscht ist, wie Markus Holzbach erläutert:

„Die Insect Embassy soll die Faszination der Insektenwelt aufzeigen und so den notwendigen Dialog im gemeinsamen Lebensraum Stadt fördern. Durch die Verknüpfung von Wissenschaft, Gestaltung und Kunst möchten wir auf die Existenz der Insekten im Stadtraum hinweisen und gleichzeitig die Frage stellen, wie wir bauen und leben. Wie kann die Stadt als gemeinsamer Lebensraum für Menschen und Insekten funktionieren?“ 

Eröffnung der Installation: Rückschau auf die Vernissage am 10. Juli 2023

Die Kunstinstallation wurde im Rahmen eines Festaktes am 10. Juli 2023 unter Beisein der Frankfurter Dezernentin für Umwelt, Klima und Frauen, Rosemarie Heilig, eröffnet. ISOE-Biodiversitätsforscher Florian Dirk Schneider erläuterte an dem Abend den Anwesenden die Idee hinter dem Kunstprojekt: Dieses soll die öffentliche Wahrnehmung dafür schärfen, wie bedeutend die Leistung von Insekten für die Ökosysteme der Erde ist, wie existenziell für uns Menschen und unsere komfortable Lebensweise. 

„Gerade in der Stadt ist die Bedeutung von Insekten für die Sicherung der gesellschaftlichen Lebensgrundlagen kaum sichtbar. Schlimmer noch, die städtische Lebensweise führt dazu, dass Insekten vertrieben, ausgeschlossen und bekämpft werden.“ 

Um das zu ändern, rückt die Installation die Insekten bewusst auch räumlich ins Zentrum der Stadt. Dort gehört sie auch hin, betonte Rosemarie Heilig bei der Eröffnung und ermuntert die Bürger*innen der Stadt, selbst für den Insektenschutz aktiv zu werden:

„Ich hoffe, viele Bürger*innen werden sich von der Insect Embassy inspirieren lassen und selbst etwas für die Artenvielfalt in Frankfurt tun. Wir haben in Parks und an Straßenrändern schon mehr als 400 Hektar ‚Wiesen für Insekten‘ angelegt, aber auch jeder Balkon und jeder Vorgarten zählt. Lassen wir einfach mehr Wildnis zu und freuen uns über den Besuch von Wildbienen oder Schmetterlingen“.

Die Insect Embassy gewinnt den Rundgang-Preis für Materialdesign der Dr. Marschner Stiftung

Das Studierenden-Team des IMD – Institut für Materialdesign wurde für die Insect Embassy mit dem Rundgang-Preis für Materialdesign der Dr. Marschner Stiftung prämiert. 

Herausgestellt von der Jury wurde die direkte Art, mit der die Insect Embassy auf die Fehlstelle in der Wahrnehmung der Menschen für die wichtige Rolle der Insekten aufmerksam macht. Die Jury würdigte zudem den experimentellen Forschungsprozess zur Entwicklung von neuen Materialkonzepten und den umfassenden Einsatz von digitalen und materiellen Werkzeugen bei der Realisierung der Leichtbau-Konstruktion der Insect Embassy. 

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Team Insect Embassy

Alexander Becker, Marius Perl, Tobias Doch, Kamola Khudayberdieva, Markus Löffelholz, Antoine Ochs, Julia Schütze, David Wellen, Tobias Walter, Florim Fteja, Ani Jishkariani

Tutoren

Dipl. Des. Valentin Brück, Dr. Ziyu Zhou, M. Sc. Ludwig Ebert, Sebastian Kujas, Wolfgang Heide

Projektleitung

Prof. Dr. Markus Holzbach
Dr. Florian Dirk Schneider

Danksagung

Dankeschön an das Team im Grünflächenamt der Stadt Frankfurt von Herrn Pfeiffer, Herrn Leissner und Herrn zur Linde für das Bereitstellen des Standorts und die Unterstützung bei der Realisierung. Danke an „Tobi“ und „Jörg“ für die tolle Hilfe beim Aufbau mit dem Hubsteiger sowie Herrn Rohrbach und Herrn Staub für die Bereitstellung des Pflanzsubstrats für das neu angelegte Blumenbeet. (Es würde uns sehr freuen, wenn das Blumenbeet an der Platane am Domplatz im Sinne der Nachhaltigkeit und Biodiversität weiterhin erhalten bleibt.) Weiterer Dank an Stefan Weber und Nathalie Hertrich von der Firma Ebener. 

Dank an die Kolleg*innen im Projekt SLInBio und das Team im ISOE, das mit der Pressearbeit und Veranstaltungsvorbereitung beteiligt war: Verena Rossow, Nicola Schuldt-Baumgart, Melanie Neugart, Iris Dresler, Harry Kleespies, Danijela Milosevic, Lotte Bergmann sowie Marion Mehring, die die Projektleitung für das Projekt SLInBio innehat. 

Vielen Dank an die Expert*innen aus Forschung und Vermittlung, die den Entstehungsprozess beraten haben: Hilke Steinecke und Patricia Germandi vom Palmengarten, Daniela Warzecha und Max Bugert von Senckenberg und Viktor Hartung vom LWL-Museum für Naturkunde in Münster. 

Insect Embassy – eine diplomatische Vertretung für Insekten in der Stadt 

Installation des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und des IMD – Institut für Materialdesign an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach

Zu sehen ist die Installation vom 10. Juli bis Ende September 2023.
Ort:
 Platane am Domplatz, Markt 1, 60311 Frankfurt am Main

Die Insect Embassy ist eine Kooperation von ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und IMD – Institut für Materialdesign der HfG Offenbach. Sie entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „SLInBio – Städtische Lebensstile und die Inwertsetzung von Biodiversität“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Teil der BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) gefördert wird.

Kontakt

Wissenschftlicher Kontakt
Dr. Florian D. Schneider

ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Hamburger Allee 45
60486 Frankfurt am Main
florian.schneider(at)isoe.de
www.isoe.de  

Prof. Dr. Markus Holzbach
IMD – Institut für Materialdesign
Kunsthochschule HfG Offenbach
Schlossstr. 31
63065 Offenbach am Main
holzbach(at)hfg-offenbach.de 
imd-materialdesign.com  
www.hfg-offenbach.de 

Download Pressefoto

Installation am Domplatz in Frankfurt (Computersimulation) 
(© IMD – Institut für Materialdesign der HfG Offenbach)


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